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Dolgow (Hannoversch Wendland), April 1913.
Jahrhundertfeier in Dolgow.
100 Jahre sind es am 16. April her, das Dolgow durch ein großes Feuer in ein
paar Stunden abgebrannt ist. Das war ein großes Unglück. Versichert war man
wenig, und dann war es in der unglücklichen Zeit, als die Franzosen hier die
Herren waren und Kisten und Kasten leer gemacht hatten. In so einer
kummervollen Zeit haben die Alten mit viel Mühe und Schweiß, die Häuser
aufgebaut, die jetzt noch stehen, denn in 100 Jahren ist gottlob kein
Feuerwehrmann mehr in unserem Dorf gewesen.
Darum wollen wir Dolgower Bauern den alten zu Ehren am zweiten Pfingsttag
ein großes Dorffest feiern. Mittags um 12 ist im Dorf eine Gedenkfeier. Da
wollen wir dem lieben Gott danken. Der Pastor Reinke aus Wustrow und der
Lehrer Tribian aus Rehbeck halten die Rede und dann soll Werner Schulz den
Eichbaum auf dem Dorfplatz, der nun auch so alt ist wie die Häuser, als
Friedenseiche weihen.
Wenn dann unser lieber Gott geehrt ist, wollen wir unseren Ahnen und Urahnen
zu ehren ein Fest feiern in der Weise, wie sie das früher auch gemacht
haben: Kranzjagen soll das sein.
Die Mädchen kommen in bunten wendländischen Sachen, was Großmutter getragen
hat und Mutter schon schön weggehängt hat: Beiderwandrock und
Leibchen/Mieder, in Hemd mit 3/4 Arm, seidene Schürzen vor und rote Mützen auf. Das
älteste Mädchen trägt auf einem Splantenstock die Königskrone mit seidenem
Tuch und Bänder dran, die anderen haben Bänder und Sträuße für die Knechte.
Die Knechte kommen in Hemdsärmeln von den Höfen runter geritten, aber ohne
Sattel. Knechte aus anderen Dörfern können auch mit ausreiten, Sporn und
Reithosen sind aber verboten. Nun stellt sich der Zug zusammen und mit Musik
geht das dann zu den Brachwiesen, wo gejagt werden soll. Sohn Scholz
kommandiert, Danner und ein paar Bauern passen bei dem Kranz auf, damit
alles richtig zugeht. Die ersten beiden Male ist Probereiten. Wer beim
dritten Mal dann den Kranz fasst, der ist König, der zweite sein Diener, der
dritte ist Bettler.
Nach dem Jagen setzen die Mädchen dem König den Kranz auf, die anderen
Knechte kriegen Blumen und Sträuße an die Mütze. Mit Musik geht es dann
zurück zum Dorf, wo dann in der Zeit, wenn die Pferde in den Stall gebracht
werden, im Krug gegessen werden soll. Dabei kann jeder teilnehmen, wenn er
sich vorher gemeldet hat und DM 2,- bezahlt.
Um fünf geht dann das Tanzen los. Zuerst kommt der Ehrentanz für die Sieger,
dann alle zusammen.
Am dritten Pfingsttag haben unsere Schulkinder Kranzrennen.
Wir laden weit und breit zu diesem eigenartigen Fest ein und freuen uns wenn
viele Zuschauer kommen.
Die Dolgower,
Tribian |