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1910 bis 1930 in Waddeweitz
von Wirtschaftsaufschwung und -krise

Fotos und Informationen von  
Holger Schulz, Waddeweitz  
Marion Fuchs, München  
und www.wendland-archiv.de  

 

Mehr von
Waddeweitz 1950
 

 

 

 

 

 
In der Waddeweitzer Spur soll das bekannte Gasthaus, das Otto Kofahl 1907 gebaut hat, im Mittelpunkt stehen. Im Laufe von hundert Jahren wechselt es mehrmals den Eigentümer und Betreiber.                                                                             (Anmerkung zu den Namen Kofahl und Tribian)

Marion Fuchs, eine Enkeltochter von Otto Kofahl, hat einige Fotos und Informationen übermittelt und schreibt: "Mein Großvater Otto Kofahl hat mir oft aus seiner Kindheit erzählt. Seine Mutter, also meine Urgroßmutter, hatte die Gabe des Gesundbetens. Er erzählte, dass sie Kundschaft aus dem ganzen Landkreis hatte. Das wollte ich natürlich am liebsten hören."

Wir beginnen mit einer schönen Aufnahme, von der eigentlich fast alles unbekannt ist.

Marion Fuchs fand dieses Bild ohne weitere Überlieferung in ihren Unterlagen. Es scheint ihr aber sicher, dass es aus dem Zusammenhang mit ihrer Großmutter mütterlicherseits kommt.
Da hier eine Witwe mit zwei Kindern abgebildet ist, handelt es sich wahrscheinlich um Anna Katharina Tribian, geb. Burmester, aus Beseland, deren Mann Johann August Tribian 1901 mit 41 Jahren starb. Die Tochter auf dem Bild wäre dann Luise Martha, geb. 1893 in Beseland, die 1910 (noch jung an Jahren) Otto Kofahl in Waddeweitz heiratet.
Von  Beseland Nr. 3. wissen wir, dass der Hof Tribian in diesen Jahrzehnten (wohl ab 1901) verpachtet ist.
Johann August Tribian verstarb 1901 bei einem Unfall. In der Urkunde heißt es kurz:
"... in der Feldmark Beseland überfahren und auf der Stelle verstorben." 1901 kann es sich dabei nur um ein Pferdefuhrwerk gehandelt haben, das den 41 jährigen Bauern überrollte.

 
Waddeweitz
Johann Heinrich Kofahl, geb. 1863, heiratet 1883 Luise Marie Carstens aus Kassau. Sie betreiben in einem Anbau ihres Hofgebäudes eine Gastwirtschaft. Auf dem Ausschnitt aus einer Ansichtskarte, die den Stempel 29. Juli 1905 trägt, erkennt man die Kombination von Bauernhaus und Gasthaus.
Der Wirtschaftsboom um die Jahrhundertwende und die Lage an der Poststraße Uelzen-Lüchow ermöglicht es Familie Kofahl ein neues großes Gasthaus zu bauen.
Der Sohn Otto Kofahl, geb. 1887, heiratet 1910 die oben genannte Luise Martha Tribian aus Beseland. Sie übernehmen das neue Gasthaus, das sich in der Folgezeit unter der Bezeichnung "Heide-Gasthaus" zu einem renommierten Vergnügungslokal entwickelt.


Gasthof Otto Kofahl, Waddeweitz. Ansichtskarte mit Stempel von 1913.

Man beachte die schmale aber gepflasterte Poststraße.
Dass auch das Auto  Kofahls gehört und Otto Kofahl als Fahrer darin sitzt, ist mündlich überliefert. Kofahls Innovationsfreudigkeit und ihre finanziellen Möglichkeiten werden auch durch den Baustil des Gasthofs bezeugt und zudem baut Otto Kofahl auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Kegelbahn und ein Wohnhaus für seine Schwiegermutter (die Witwe Tribian aus Beseland).
Im großen Saal finden Bälle, Schützenfeste, Tanzvergnügen statt, die so manche Ehe anbahnen und wohl auch so manche Eheprobleme ....
 
Waddeweitz ist nur ein kleines Dorf mit wenigen Hofstellen. Aber 1905 wird hier eine Molkerei gebaut, es gibt einen Landhandel, eine Bäckerei und einige Handwerksbetriebe. Die Schule befindet sich im nahe gelegenen Kiefen. Als 1907 eine Eisenbahnlinie von Lüchow nach Uelzen geplant wird, sind die Waddeweitzer sehr an einem Anschluss interessiert. Die Gemeinde beschließt einstimmig, eine Garantie über 60.000 Mark für den Bahnbau Lüchow-Waddeweitz-Uelzen zu übernehmen unter der Bedingung, dass der Bahnhof nicht weiter als 2 km vom Ort entfernt ist. Zum Bau der Bahnlinie kommt es allerdings trotzdem nicht.


Gasthaus zum Deutschen Hause
 

Obwohl Kofahls mit ihren zeitgemäßen und hoch modernen Einrichtungen gastronomisch vorpreschen, kann ein zweites, altes Gasthaus weiter existieren und in Sichtweite in Kiefen noch ein drittes.
Über das "Gasthaus zum Deutschen Hause" berichtet Holger Schulz:
"Es existierte noch bis in die späten 50ger Jahre, wurde dann aber zunehmend baufällig und begründete einen Waddeweitzer Spruch "Kaum war der erste Amtstag rum, fiel das erste Haus schon um!" Das Gebäude stürzte am ersten Amtstag von Bürgermeister Helmut Niebuhr ein!"

 

 

 

 

 

Der Lüchower Fotograf H. Kuhlow nimmt 1916 auch die Molkerei auf. Die Personen an der Tür und im Fenster (links) sind vermutlich der Molkereiverwalter Willy Scharnikow und seine Frau Johanna, geb. Ritz aus Sareitz. Ihre Schwester Elly ist ebenfalls mit einem Molkeristen, Gustav Kulow, verheiratet. Er hatte die Verwalterstelle 1914 für kurze Zeit inne, bis er mit dem kaiserlichen Heer nach Luxemburg und weiter musste.

(Hinweis: Kuhlow und Kulow sind unterschiedliche Namen.)


Hof Nr. 4. Das Foto wurde am 2. Mai 1918 an Frau Marie Jahrbeck, Hofbesitzerin in Lensian verschickt. Der Hof wurde Jahrbeck-Schulz genannt. Seit 1934 dient das Haus nur noch als Scheune und Stall. Ein großes Wohnhaus wurde auf dem Grundstück neu errichtet.


Molkerei, Baujahr 1905. Aufgenommen von H. Kuhlow 1916.

 


Auch Otto Kofahl nimmt am
1. Weltkrieg teil.
"Die großgewachsenen Bauernsöhne wurden gern für den Umgang mit Pferden herangezogen. So landete mein Großvater bei den Garde-Ulanen in Potsdam."
(M. Fuchs)

 


Tochter Hilda Kofahl, geb. 1913.

Ein 1912 geborener Sohn stirbt im selben Jahr an Lungenentzündung. Nach Hilda folgen noch weitere vier Töchter: Irmgard 1915, Wanda 1917, Ellen 1932 und Jutta 1936.
(Marion Fuchs ist die Tochter von Wanda.)

Aufnahme von H. Kuhlow 1916

 


Postkarte aus der Sammlung von Holger Schulz

Das Eckhaus oben ist die Gastwirtschaft Deutsches Haus. So lautet die Aufschrift an der Ecke. Die große Werbung am Giebel: Bavaria St. Pauli Bier. Die Bäckerei und Kolonialwarenhandlung wurde vor dem 2. Weltkrieg von Familie Gmelich betrieben. (Später W. Höding). Der zu dieser Zeit öffentliche Dorfteich wird später an privat verkauft.
 


Um 1930

Während der Weltwirtschaftskrise zeigt sich, dass in Waddeweitz und entlang der Fernstraße bis Lüchow die Gasthausdichte zu groß ist. (Waddeweitz 2, Kiefen, Diahren, Küsten 3 (?) und Lübeln). Zunächst macht Otto Ritz (Bruder von Johanna Scharnikow) mit seinem Gasthaus in Kiefen Pleite. Er erhält von seinem Bruder, dem Bankier Adolf Ritz in Lüchow, keine Hilfe und landet mit seiner Familie im Armenhaus von Waddeweitz. (So erzählt es die Familienüberlieferung.)
1930 muss auch Otto Kofahl Konkurs anmelden und seine Immobilien verkaufen. Sie werden aufgeteilt und gehen an verschiedene Käufer. Das Armenhaus bleibt der Familie Kofahl aber erspart. Sie zieht nach Hannover.

 


Heinrich Trapp 1943

Das Gasthaus wird schon 1929 von Gustav Jordan geführt.
Den landwirtschaftlichen Hof von Kofahls kauft 1931 Heinrich Trapp aus Hohenzethen. Wir werden auf späteren Seiten mehr über ihn berichten, nachdem wir die Herkunft seiner zukünftigen Frau, Elsa Schulz, auf ihrem Lebensweg über Redemoißel und Spranz verfolgt haben.


In der Tour bleiben wir noch im 2. Jahrzehnt und begeben uns nach Langenhorst, wo sich zwei Spuren der Rahmengeschichten treffen.

Langenhorst
 

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