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Beseland 1920 bis 1939
Rundling mit innerer Dynamik und Beständigkeit

Bereich
1920-1929
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Beseland
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Mützingen
Pudripp
Wootz/Prignitz
Busfahrer Heise
Nauden
Straßenfahrzeuge

Die Höfe in Beseland um 1930

Nr.1
(Sukohl)
Pächter Fam. Schröder. Den Hof kauft Heinrich Tiemann.
Schröders ziehen nach Prießeck.

Nr.2
(Assen-Schulz)
Heinrich Schulz heiratet die Schwester von Frau Staak von Hof Nr.12.

Nr. 3
(Tribian)
Gepachtet durch Adolf und Anna Ritter, geb. Schulz von Hof Nr.6.
Ritters kaufen in Seelwig und diesen Hof pachtet Familie Pape. Ihr Großknecht ist Adolf Grossmann.

Nr.4
(Tiemann-Schulz, später
Penshorn-Schulz)
Bauer Hermann Schulz erbt auch Hof Nr.11, von dem er stammt, und bewirtschaftete beide Höfe.

Nr.5
(Colany)
Den Hof kauft Familie Schate, deren einziger Sohn ledig bleibt und gleich 1939 eingezogen wird.

Nr.6
(Riechers-Schulz)
Heinrich Schulz und Hermine, geb. Möller aus Gistenbeck. Heinrichs Schwester Anna heiratet den früheren Großknecht Adolf Ritter. Sie führten den Hof Nr. 3.

Nr.7
(Schulz,Oldendorf)
Pächter Familie Hilbeck. Else Hilbeck heiratet Adolf Huve. Sie wirtschaften mit Kuhgespann.

Nr.8
(Ruter, Bussau)
Pächter Fam. Heinrich Gramusch und Fam. Trumann. Letztere ziehen nach Clenze.

Nr.9
(Lütt-Schulz)
Pächter Familie Petermark, die bald wegzieht. Man wohnt im Neubau auf dem Hinterhof. Durch Heirat mit  Klaucken-Schulz von Nr.10 fallen beide Höfe zusammen.

Nr.10
(Klaucken-Schulz dann Lütt-Schulz)
Ein Sohn heiratet auf den Hof 9. Der andere Sohn bezieht dort den Altbau. Das Hofgebäude von Nr.10 wird bald nur noch als Stallung genutzt.

Nr.11
(Penshorn-Schulz)
Hermann Schulz heiratet auf Hof 4 und bewirtschaftet seinen Erbhof mit. Das Gebäude wird nur noch als Stallung genutzt. 1939: "Das Giebelhaus von Penshorns-Hoff bot immer noch einen guten, gepflegten Eindruck, als wäre es bewohnt."

Nr.12
(Staak)
Heinrich Staak verheiratet mit Anna aus Gaddau.
Ihre Schwester heiratet auf Hof 2.

Nr.13
"Praktischer Weise für das Feuerwehrhaus vorgesehen".

Nr.14
(Simons)
Von Schneider-meister Simon neu erbaute Hofge-bäude. Simons "leben nur von Landwirtschaft". Sie haben das einzige Telefon, den Öffentlichen Fernsprecher und den Depeschen-dienst.

(Quelle: Handschrift von Christian Neddens)

 

 

 


Der frei stehende Backofen ist leider nur schwer zu erkennen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anmerkung:
Laut Einwohnerbuch von 1929 heißt der Schneider nicht Simon, wie Neddens den Namen schreibt, sondern Hermann Siemann.

 
Der kleine Rundling Beseland bei Clenze hat um diese Zeit etwa 60 Einwohner auf 13 Hofstellen. Alle leben von der Landwirtschaft, sind gegenseitig aufeinander angewiesen und Alltag und Sonntag verlaufen nach festen Regeln.
 
Vor vielen Jahren war es dem jungen Hoferben Heinrich Sukohl gelungen, aus der dörflichen Gesellschaft von Beseland auszubrechen und in Berlin als Ingenieur ein Geschäft aufzubauen.
Familie Schröder hatte seinen Hof gepachtet und ansonsten hatte man lange nichts von ihm gehört. Eines Tages taucht er mit seiner Frau in einem blank gewienerten Mercedes zu einem Blitzbesuch in seinem Geburtsort auf und lässt seinen Reichtum bewundern.

Er begutachtet seinen Hof und dessen Bewirtschaftung durch Familie Schröder. Aber eigentlich will er nichts mehr mit dem Hof zu tun haben. Er bietet den Hof zum Kauf an und man wird handelseinig.
Zur Erinnerung fotografiert er das ganze Dorf. Die Fotos schickt er später an den Bürgermeister. Sie wurden bis heute aufbewahrt und dokumentieren fast alle damaligen Höfe. (1935)

In jener Zeit zwischen den Weltkriegen verlebt Christian Neddens einen Teil seiner Kindheit und Jugend in Beseland. Seine detailreiche Schilderung des Alltagslebens in diesem weltabgeschiedenen Dörfchen ergibt zusammen mit den Sukohl-Fotos ein lebendiges Bild.
Die Schusterfamilie Neddens in Clenze hatte 1921 ihren Vater und Ernährer verloren. Die Mutter steht nun mit der großen Schusterwerkstatt und sechs Kindern allein da. Einige Ersparnisse sind in Goldstücken angelegt, aber sie ist ohne Einkünfte und muss für die Kinder eine Möglichkeit finden, den Lebensunterhalt zu sichern.


Herr Sukohl besichtigt sein Eigentum, Hof Nr.1.

Der älteste Sohn ist bei Verwandten in Süstedt untergebracht. Mit den fünf jüngeren Kindern findet sie Unterschlupf in Beseland Nr.6 bei Riecher-Schulzen. Der gemeinsame christliche Glaube innerhalb der freikirchlichen Gemeinschaft schmiedet die Familien zusammen. Dennoch kann der Hof so viele Personen nicht auf Dauer unterbringen. Bald werden die Kinder Martin und Christian von Ritters auf Hof Nr.3 aufgenommen.
Christian Neddens erzählt:

"Das war keine Trennung für uns. Wir Geschwister sahen uns auf dem täglichen weiten Schulweg über den Karnickelberg, wo wir unseren gewohnten Kirchturm in Clenze genug sehen konnten. Wir sahen uns auch bei vielen Arbeiten, zum Beispiel Rübenpflanzen, Kartoffel ausmachen, Kühe hüten und so weiter.


Der Hof von Riecher-Schulzen (Nr.6), geführt von Heinrich Schulz und Hermine geb. Möller aus Gistenbeck. Heinrichs Schwester Anna heiratet 1921 den früheren Großknecht Adolf Ritter, der spät und mit Kopfverwundung aus russischer Gefangenschaft zurückgekehrt war. Zusammen pachten sie den Hof Nr.3 von Tribians.
 
Aber wenn das mal nicht genug war, schauten wir über die “Hecken-Tür“, wo man den Rundling überblicken konnte mit den anderen halb offenen "Groot Döörs". Wenn die Zeit des Fütterns, Tränkens, und Melkens war, fanden alle Hofinsassen gerne so viel Zeit, den Blick über die "Hecken" streifen zu lassen in die Runde. Der eine schaute nach der Liebsten, die andere ebenso zurück und wir schauten gegenseitig zum Nachbarn, um uns kurz zuzuwinken oder gar entgegen zu springen.
Bis in den Herbst blieben mein Bruder Stefan und ich in Beseland, Stefan bei Riechers, ich bei Ritters. Es gab die Kühe zu hüten auf dem Stoppelklee. Die Rüben wurden ausgemacht.

Beim Kühe hüten auf dem damals im Vergleich zu heute sehr großen Dorfplatz. Links hinter den Bäumen der Tribian-Hof Nr. 3 von Pächter Adolf Ritter.
Johann August Tribian war 1901 bei einem Unfall ums Leben gekommen. "... in der Feldmark Beseland überfahren und auf der Stelle verstorben."
Seine Tochter Luise Marie Tribian heiratet 1912 Otto Kofahl in Waddeweitz.
Die ältere Schwester, Maria, blieb nach der Konfirmation bei Riechers im Dienst, Hanna und Martin kamen beide zu dem Onkel in Klein Süstedt bzw. zu dortigen Bauern, wo Mutter sie in guter Umgebung und Aufsicht wähnte.
Wir mussten uns zum Winter 1921/22 im Dachgeschoss von Kirchstraße 13 in Clenze einrichten. Unten hatte Mutter an eine Kriegerwitwe vermietet. Die Inflation nahm weiter ihren mysteriösen Lauf.
Am Ende meiner Schulzeit 1927 hatte ich mir in den Kopf gesetzt, Stellmacher zu werden. Gewisse Umstände hatten dazu beigetragen. Mutter hatte so lange gehofft, dass wenigstens einer ihrer Jungen das Schuhmacher-Handwerk lernen würde. Die Nachkriegserfahrungen mit der Geldentwertung und den Nöten waren überwunden. Sie hatte sogar 1926 bauen können und ein stattlicher Posten an Schuhleisten war über die Zeit gerettet worden.


Die rechte Seite des Rundlings Beseland. Ganz rechts der Hof Nr.11. Das nächste mit der Nr.10 steht zurückgesetzt und ist auf dem Foto nicht zu sehen. Diese Giebelhäuser 10 und 11 werden in den 30er Jahren schon nicht mehr bewohnt, sind aber um diese Zeit noch gut erhalten und werden als Stallungen genutzt. (Heute existierten sie nicht mehr.)
Als zweites von rechts ist Nr.9 knapp erkennbar. Nr.8 ist wieder weiter zurück und außer Sicht. Dann folgen Nr.7 und Nr.6.

Es war schwer eine Lehrstelle zu bekommen, zumal die christliche Umgebung für Mutter unverzichtbare Bedingung war. Sie schaffte es, mir zu Michaeli eine Stelle bei ihrem Bekannten im Kreis Uelzen zu verschaffen.
Als ich Ende April 1927 konfirmiert war, kam ich für die zwischenzeitlichen fünf Monate wieder nach Beseland zu Ritters. In dieser Zeit verdiente ich neben der “freien Station” 90 Reichsmark.


Blick von der hinteren Seite des Rundlings in Richtung der einzigen Zufahrt. Die alte Dorfeiche sieht schon krank aus und ist wohl bald darauf eingegangen.

Ritters hatten ein etwas leichteres Pferdegespann, etwa 10 ha Land und außer der Hofkoppel keine Wiese oder Weide. Wie zumeist alle dortigen Landwirte hatten sie mehr Schweinemast und Schweineaufzucht, als Milchvieh und andere Rinder. Es gab aber für eine intensive Bewirtschaftung reichlich Arbeit. Im relativ arbeitsarmen Mai wurde Holz gespalten und gestapelt, Busch vom Kiefernforst angefahren und zu Bündgen gehackt. Diese waren ja das wirtschaftlichste Heizmaterial für die Futterküche, wo täglich die Kartoffeln im 150 l Kessel gekocht wurden und zusätzlich Wasser angewärmt wurde zum Schweine füttern bzw. zum Anrühren des Eintopf-Futters.

Außer dem Ehepaar Ritter mit den Kleinkindern war die Schwester von Adolf Ritter, Emma, auf dem Hof. Was die so leistete, war erstaunlich. Zum Beispiel schaffte sie tagsüber neben ihrer Futterarbeit um die 100 Stück Bündgen zu hacken. Für mich war das eine Zielvorgabe, bis ich das auch schaffte neben dem Rindvieh füttern, tränken und streuen. Wir hatten aber hierfür eine praktische Maschine, vom Schmied hergestellt. Das kurz gehackte Busch wurde da eingelegt, per Hebel gepresst und so leicht mit gebrauchtem Bindegarn eingebunden. Bald waren alle Schuppen und der Schweinestallboden mit Brennmaterial vollgestopft. Dann rupften wir Disteln und Hederich in die Schürzen, die zum Füttern heim geholt wurden.


Hof Nr.11, zu dieser Zeit nur als Stallgebäude genutzt, und im Hintergrund Hof Nr.9.

Bürgermeister Lütt-Schulz wusste immer, wie es mit den Feldarbeiten stand. Er schaute auch nach dem Wetter und wenn es ihm geraten erschien, schrieb er nicht erst lange einen Zettel mit Einladung für den Bekanntmachungsknüppel, um ihn in den langsamen Umlauf zu geben. Er wählte eine günstige Tageszeit, mittags oder abends, ging unter die Dorfeiche und rief sein Anliegen in die Runde: “Kamt mol all up Dörp tosaam!”. Dabei legte er eine offene Hand an den Mund und hielt das “saaam” mit gewaltiger Lunge so lange an, bis er sich in alle Richtungen gedreht hatte. Aus der Dorfrunde kamen die Vertreter bald zusammen.

Aber auch der Bekanntmachungsknüppel war geeignet, den Gemeinschaftssinn wach zu halten. Nachdem der Bürgermeister die Benachrichtigung in den Umlauf gegeben hatte, wusste jeder, dass er den Knüppel zum nächsten Hof bringen und sicher übergeben musste. Da konnte keiner sagen: “Mit denen wollen wir nichts zu tun haben.” Am besten also war es, dass man sich Mühe gab, mit allen gleichermaßen gut auszukommen.

Wenn eine Kuh zum Kalben war, wurde aus der Nachbarschaft Hilfe geholt. Man meldete es nur an, in dem man allenfalls dazu sagte: “Is noch nich so ilig.” Oder: “Maak din Arbeit man er’s trecht.” Vier Personen sollten es etwa mindestens sein. Meistens waren es mehr, als nötig. Oft mussten die Frauen mit ran, wenn die Männer unterwegs waren. Einer war fast immer dabei: Lütt-Schulz, aber auch der Neffe, Klauckens Adolf. Die beiden galten irgendwie als Experten, vielleicht durch ihr Gehabe, vielleicht auch durch ihre Nerven und Ruhe.
Natürlich galten alle älteren Bauern als Sachkenner mehr oder weniger. Die erste Autorität pflegte dann die Lage fachkundig festzustellen, in dem sie mit der Hand in den Mutterleib eindrang. Dann wurde ein Strang, auch wohl zwei, um die Füße des Kalbes geschlungen. Nun wurden Wehen abgewartet. Manchmal mussten die anwesenden Geburtshelfer ermahnt werden, nicht zu laut zu sein, um das Muttertier nicht zu beunruhigen. Das kam dann wohl meistens zu spät. Man hatte oft den Eindruck, je mehr Leute dazu kamen, um so länger dauerte die Geburt. Wenn mit den Wehen der richtige Moment gekommen war, mussten die Helfer am Seil und an den Verlängerungen ziehen, nach Anordnung des Boss’, der die entsprechenden Zeichen gab. Komplikationen waren relativ selten.

Es kam vor, besonders bei den jungen Starken, dass vorsorglich der Tierarzt gerufen wurde. Wer am flinksten laufen konnte, rannte dann zu Simons, die den öffentlichen Fernsprecher hatten, den Anruf besorgten Simons. In der Zwischenzeit war das Kalb meistens schon da, obgleich die Tierärzte damals schon ein Auto hatten. Bei weidenden Muttertieren wurden Geburten oft erst bemerkt, wenn das Kalb schon da war und von der Mutter abgeleckt wurde. Bei Stallhaltung blieb das Kuhkalben für den Bauern immer ein Risiko. Bei diesem Angewiesensein auf die Nachbarnhilfe konnte es sich kaum jemand leisten, als Landwirt eigenwillige Wege zu gehen, die zu sehr schockierten.


Simons auf Hof Nr.14 hatten das einzige Telefon. Der gesamte Gebäudekomplex existiert nicht mehr


Man hatte zwar Fahrräder. Aber die Schüler machten ihren Schulweg grundsätzlich zu Fuß: 3 km nach Clenze oder 2 km nach Bussau.

Die Nachbarschaftsbeziehungen entwickelten sich aber nicht gleichmäßig. Manche sahen sich ja täglich und redeten entsprechend miteinander. Sie sprachen sich den großen Backtag, das Dreschen und Rübenpflanzen, das Schlachten und so weiter gegenseitig ab. Beim Backen wurde “beigebacken”, beim Schlachten geholfen usw. Mit anderen wurde weniger gemeinsam erledigt. Jeder Hof hatte seine bevorzugten Nachbarn. Manche Höfe hatten gelegentlich auswärtige Hilfskräfte, Verwandte oder Tagelöhner. Man achtete darauf, dass die Hilfskräfte bekannt und vertraut waren mit Haus und Hof, Küche, Keller, Gerätschaften und Maschinen und auch mit den eigenen Gewohnheiten.

Vor dem Frühstück wurden morgens die Tiere versorgt. Bauer, Stallknecht, Kinder bereiteten das Futter, die Bäuerin oder eine Magd war schon zum Melken in den Kuhstall gegangen. Bei unseren Tiefställen musste man besser sagen: sie war hinabgestiegen. Zuvor hatte sie nach dem Waschen die benötigten blanken Milchkannen bereitgestellt mit dem breiten Sieb und dem zusätzlichen sauberen Seituch. Jetzt kam es darauf an, beim Füttern keinen Unfug zu machen, indem man das Grünfutter an falscher Stelle in den langen ungeteilten Trog gab.


Das damalige Zweiständerhaus von Hof Nr.5.
Es existiert heute nicht mehr.
Die sonst so braven geduldigen Milch- und Muttertiere konnten doch die Beherrschung verlieren und vergessen, dass die Melkerin mit dem Eimer unterm Bauch zu Gange war. Wenn so einer Kuh das Wasser im Maul zusammenläuft, bleibt es nicht dabei, die Zunge weithals auszustrecken nach dem Futter. Sie versucht, wer wollte dafür kein Verständnis haben, in den Trog zu steigen und dabei steigt dann ein Hinterbein allzu leicht in den sauberen Milcheimer oder der Melkerin auf die Füße.
Die Uhrzeit des Aufstehens wurde in erster Linie vom Milchwagenfahrer bestimmt. Wegen der Wärme und der Gefahr des Säuerns und Verderbens der Milch fuhr der Milchkutscher im Sommer natürlich viel früher als im Winter, wenn die Tage von Natur schon kurz sind. Der Fahrplan des Milchwagens war selbstverständlich mit der Molkerei abgestimmt. Wenn jemand die Kannen noch nicht gebracht hatte, musste der Milchwagen warten. Das würde fast einem Skandal gleich kommen. Das ganze Dorf würde es genüsslich zur Kenntnis nehmen und sicher nicht mit hämischen Sticheleien sparen.


Das Wohngebäude für Hof Nr.4 wurde um die Jahrhundertwende mit der Frontseite zum Platz und vor das ursprüngliche Hofgebäude gebaut.

Also sorgte auf diese Weise der “Rundling“ schon für ausreichend Disziplin in Hinsicht auf Pünktlichkeit, Verträglichkeit und Ordnung.


Die Milchbank unter der Dorfplatzeiche.

Es hing von der einvernehmlichen Arbeitsverteilung ab, wer die Milchkannen zur Milchbank schaffte. Die 20 l Kannen in vollem Zustand auf die hohe eichene Bank zu wuchten, war eigentlich für Frauen eine Zumutung. Aber die meisten Frauen waren es offenbar längst gewohnt. Zudem, so schien es manchmal, wurde diese Arbeit ganz gern gemacht. Zum kurzen Schwatz war fast immer Zeit genug. Und manches ließ sich durch Dralligkeit wieder aufholen. Auf der Groot-Dääl gab es, soweit nicht vorgearbeitet war, Stroh zu schneiden und die Ställe zu streuen.
Die Tiere wurden damals meistens noch mit einem Eimer und Wasser aus der Küche getränkt. Bei den meisten wurden diese Arbeiten einschließlich der Milchkannen, die auf der Schiebkarre mit Sprossen zur Dorfmitte gebracht waren, erledigt, bevor gefrühstückt wurde.

Für die fahrenden Kaufleute waren die Rundlinge wie für sie geschaffen. Damals kam unter anderem der Kaufmann Christoph Gall mit dem Pferdewagen wöchentlich auf den Dorfplatz, um alles das anzubieten, was normalerweise ständig gebraucht wurde, in Küche und Haus, die so genannten Kolonialwaren. Er brauchte nicht lange zu warten, er wurde ja erwartet.
Gleichzeitig war er auch Eieraufkäufer für die Bäuerinnen. Das Eiergeld stand den Hausfrauen zumindest zum Einkaufen zur Verfügung. An gewissem Wochentag standen die gesammelten Hühnereier gesäubert und gestempelt im Henkelkorb bereit. Bei Bedarf lag der Einkaufs Zettel dabei. Meist genügte es, die Tür zur großen Futterdiele offen zu halten, um von der Küche durch die Groot-Döör den Dorfplatz zu übersehen. Für den Fall, das es nötig war, hatte der Kaufmann eine Klingelglocke bei seinem Sitz. So ging das Geschäft wohl bei allseits guter Laune über die Bühne unter der Dorfeiche. Einmal, so wurde berichtet, fragte eine Frau zum Beispiel, ob sein Mostrich auch frisch wäre. Der gut gelaunte, ausgeruhte Kaufmann sagte schlagfertig: “Keine Bange, den hev ick er’s hüt morgens frisch von de lütt Kinners tosaamen holt.” Sicher waren die Witze meistens stubenreiner.


Die Hauptgebäude der Höfe 1 und 2 wurden schon im 19. Jahrhundert weit zurückgesetzt. Wahrscheinlich waren die ursprünglichen Gebäude abgebrannt.


Das frontständige Gebäude von Hof Nr.12.

Als Halbstarker, wie man damals sagte, fand ich unter den rund 60 Einwohnern keinen Alterskameraden. Das war nicht schlimm. Es war im Dorf mit der Freizeit doch so, dass wir sie uns selber einrichteten, so weit es nicht das Wetter tat. Man arbeitete vorher oder nachher um so schneller. Es wurde genug Unfug getrieben und unter den zusammen arbeitenden Geschlechtern geschäkert, gehänselt und geneckt. Bei Begegnungen gab es fast immer ein Bonmot, witzige Redensarten oder Sprüche, die man neu erdacht und aktuell angebracht hatte. Verfeindungen waren selten und nicht von Dauer.


Das alte Hofgebäude Nr.7 trägt die Jahreszahl 1724 und war ursprünglich ein kleines Zweiständerhaus.

An Michaeli, 29. September, packte ich nach dem Mittagessen meine Kleider in einen Karton und zog das Sonntagszeug an. In der Küche wie im Haus herrschte Abschiedsstimmung. Im Esszimmer neben der Küche war der Tisch gedeckt. Der Ritter sagte: “Denn mutt ick di ok woll mal din Lohn gäb’n.” Er machte eine Pause. “Din Mudder hat man abmookt: Föftein Mark in Monat. Ik dach, ik wull di achtein gäven. Dat hast du woll verdaent.” Dann zählte er die 90 RM auf den Tisch. Stolz konnte ich mich am nächsten Tag mit der Hälfte dieses Lohns bei Ulbrechts in Clenze neu einkleiden."


Mit respektvollem Abstand betrachten die Dorfkinder Sukohls Fahrzeug.

Ehepaar Sukohl reist wieder ab und es bleibt wohl ihr letzter Besuch im Dorf seiner Vorfahren. Über spätere Kontakte ist jedenfalls nichts überliefert.

 

Christian Neddens bleibt dem Dorf treu. Nach seiner Stellmacherlehre arbeit er zunächst wieder einige Jahre (bis1939) in Beseland bei Riecher-Schulzen. Später macht er sich tatsächlich als Stellmacher in Jameln selbständig.

 

Wir schauen wieder in die Wustrow Spur, wo Bergmann Wolter den Niedergang der Kalibergwerke und die allgemeine Wirtschaftskrise beruflich übersteht.

Wustrow 1920.

 

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