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Die 20er Jahre in Grabow im Wendland

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Ernst und Lina Grebien sparen sich in Langenhorst eine gewisse Summe Geld zusammen. Es ist überliefert, dass Ernst ein außerordentlicher "Racker" war und dass Lina den finanziellen Teil sehr geschäftstüchtig verwaltet hat. Dennoch kommen wohl weitere Umstände zu Hilfe.
 


Das Gasthaus von Anna Flügge in Grabow vor 1920. Kneipen reizen ja manchmal die Wirte zum Eigenkonsum. Dies wird auch über Anna Flügge erzählt. Was mag sie erlebt haben? Am Ende war sie allein in dem großen Haus. Und die Gäste blieben weg. In Grabow gab es im Bahnhof noch eine zweite Gaststätte, in der bessere Stimmung herrschte. Als Anna Flügge 1923 stirbt, fällt das Haus an den Staat, der es umgehend zum Verkauf anbietet.
Ernst und Lina Grebien sehen die Gelegenheit.

 

Ernst Grebien bei einer Familienfeier 1930.
Ernst Grebien 1930

Ernst kann auf das geerbte Tarmitzer Haus einen Kredit aufnehmen und mit Glück (oder Verstand) nutzen sie die Hyperinflation aus. Sie handeln sehr schnell, als das Haus angeboten wird. Es gehören ein großes Hofgelände und 15 Morgen Land dazu. Das ist zwar wieder nicht viel mehr, als die Kossater-Stelle in Tarmitz. Aber Ernst sieht große Zukunftschancen. Über die Kaufsumme liegt leider keine Akte vor. Es wurde immer erzählt: "Er kaufte 'Grabow' mit einem Wagen voll Geld". Ich habe mir dann einen Pferdewagen vorgestellt. Aber vielleicht war es ein Handwagen.

Lina Grebien bei der Hochzeitsfeier ihrer Schwester Emma 1930.
Lina Grebien 1930

Seine Bankkredite mögen noch kurze Zeit ins Astronomische gestiegen sein. Dann jedoch kam die neue Währung und alles Geld wurde zur Makulatur. Eine Billion Papiermark war im November 1923 noch eine Goldmark wert. Ernst' Mutter hatte ein Sparbuch, das erhalten geblieben ist. Darauf wurden 32.000 Mark umgerechnet auf 2,37 Mark. Entsprechend sah dann auch Ernst' Kreditkonto aus. Ich denke, die Familie Grebien hat einen rechten Gewinn durch die Inflation einstreichen können.

Das erworbene Haus in Grabow etwa 1923
Ernst führt die Landwirtschaft und auf dem Foto zwei Pferde am Halfter. Lina ist eine fähige Geschäftsfrau. Sie trägt die Gastwirtschaft und auf dem Foto Sohn Berthold auf dem Arm. Beides floriert bald. Die Bahnhofsgaststätte verliert wieder an Umsatz. Eine der wenigen gepflasterten Straßen führt am Vorplatz des Hauses vorbei. Auf dem Foto sieht es nicht so nach befestigter Straße aus, aber die Strecke von Lüchow nach Dannenberg war schon seit etwa 1860 gepflastert. Lina richtet Fremdenzimmer ein und in der kommenden Zeit wird hier reger Betrieb von Durchreisenden sein.

Das Haus mit dem neuen Saal links. Rechts ist noch Pferdestall. Foto 1929
Ernst betreibt die Landwirtschaft vielfältig mit Pferdezucht, Weihnachtsbaum-Anzucht, Fischerei in der Jeetzel und natürlich Schweine, Milchkühe, Ackerbau. Die Gastwirtschaft floriert und Lina richtet einen kleinen Laden ein. 1929 wird ein Saal angebaut (auf dem Foto links), in dem nun große Feste stattfinden insbesondere das Schützenfest. Rechts ist noch der Pferdestall, der demnächst zur "Kolonialwarenhandlung" ausgebaut wird.
Als Ernst' Neffe Karl Grebien 1927 in Rehbeck heiratet, gehört Tochter Elfriede zu den Blumen streuenden Mädchen.

(Die Hochzeitskutsche gehört vermutlich nicht zum Hof. Es gibt in Lüchow einen Fuhrunternehmer, der für diesen Zweck Kutschen samt Gespann und Kutscher vermietet.)

Hochzeit in Rehbeck 1927.
Der Saal hat eine Bühne mit Kulissen und daneben Schlafräume für reisende Schauspielergruppen.

Auch die Grabower selbst machen Volkstheater. Auf dem Foto die Trachten- und Theaterggruppe unter der Leitung von Lehrer Nottbohm am 7. Jan. 1931.

Das vielleicht erste Telefon in Grabow wird 1929 in Grebiens Gastwirtschaft eingerichtet.
Der nebenstehende Brief hat bei genauerem Studium noch eine zusätzliche Aussage. Die Unterschrift ist eindeutig von Ernst Grebien. Die übrige Schrift konnte Prof. Notbohm als die seines Vaters identifizieren, also jenes Grabower Lehrers. Auch hier ist somit der Dorflehrer um Hilfe gebeten worden, das Schreiben an ein Amt aufzusetzen.

Text:
"Grabow, den 25. März 1930

An das Postamt in Lüchow.
Betrifft: Fernsprech-Nr. 173, Amt Lüchow.  Im Vergangenen Sommer wurde in meiner Gastwirtschaft ein Fernsprech-Anschluß errichtet, und etwa 2 Monate darauf wurde derselbe in eine öffentliche Fernsprechstelle umgewandelt. Ich bitte daher, mir die Einrichtungskosten von =89,70 R.M.= zurückerstatten zu wollen und auch die Gebühren für den zunächst eingerichteten Privatanschluß! Hochachtungsvoll Grebien"
Die einklassige Dorfschule in Grabow 1927.
Irgendwo unter den Jüngsten sitzt Elfriede. Alle Jahrgänge werden von einem Lehrer gemeinsam unterrichtet.
Die Schule ist auch für die Beutower Schüler zuständig.
Der Lehrer solcher Dorfschulen kann großen Einfluss auf die Familien haben, wie wir in Grabow im nächsten Jahrzehnt sehen werden.

Das Foto lässt sich vergrößern.

Die Schüler im Jahr 1928, auch mit Lehrer Nottbohm, der noch bis 1932 in Grabow unterrichtet.
Vorne links auf dem Kinderstuhl sitzt der Sohn des Lehrers, der hier noch nicht im schulpflichtigen Alter ist, aber als "Novize" ab und zu teilnehmen darf. Heutige Grabower kennen ihn. Er wohnt ja wieder in Grabow.

 


Das Foto lässt sich vergrößern.

1927 ist noch ein wichtiges Ereignis zu verzeichnen. Es wird die Tochter Lydia geboren, die unsere Hauptzeitzeugin wird. Ausführlich berichtet sie im Folgenden über die nächsten Jahrzehnte. Besonders auch über die Zeit von 1933-1945, über die sonst so gern geschwiegen wird.

Zunächst aber wieder die Familien in Lüchow

 

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