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Wendländische Küche
Rezepte aus der Kochschule in Clenze von 1946
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Kochschule 1946
Clenze 1956
Clenze 2006
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Unter
dem Foto
aus
einem Tagebuch von 1941 steht: "Im Oktober beginnt eine schöne Zeit: die
Kochschule in Clenze." |
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Das Foto erzählt auch, wo die Kochschule
untergebracht war. Bei Vergrößerung liest man auf dem Schild: |
"Speise Restaurant
Cafe
Zur Mühle
Erich Schulze"
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Später wurde das Lokal mit dem großen Saal als Diskothek
"Clenzer Mühle" bekannt. |
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Es gab wohl auch in dieser Zeit schon Tanz und Musik
im "Café Zur Mühle". In den Unterlagen über eine Abschlussfeier der
Kochschule 1946 (siehe weiter unten) finden sich Erklärungen für den
Tagebucheintrag "... schöne Zeit ..."
Bald nach dem Kriegsende besucht auch
Lydia aus Grabow diese Kochschule. Sie erzählt:
"Im Winter 1945 meldete ich mich zum Kochen in
Clenze an. Ich wohnte bei Verwandten in Gureitzen und fuhr mit dem
Fahrrad nach Clenze. Am Wochenende kam ich immer nach Grabow. Ich musste
immer neue Lebensmittel holen, denn die mussten wir zum Kochen und
Backen mitbringen." |
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Lydia auf dem Hof der Kochschule. |
In dieser Zeit legt sie ein umfangreiches Kochbuch an, in dem
wir unter vielen allgemein üblichen auch eine Reihe
regional- typische Rezepte finden. Stark vertreten sind sparsame
Gerichte für den Alltag und erstaunlich viele Süßspeisen und
Kuchen. Aber auch die Festessen mit der "Wendländischen
Hochzeitssuppe" fehlen nicht.
Wir beginnen mit einer überraschenden Kleinigkeit: |
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An
die Biersoße erinnere ich mich nicht. War wohl nichts für Kinder. Aber
"Fliederblütenbrause" gab es an warmen Frühsommertagen immer. So ein
Steintopf voll reichte für einige Tage und fing dann auch tüchtig an
zu sprudeln. (Es geht hier nicht wirklich um Flieder. Gemeint ist
Holunder.) |
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"Milchgelee
Milch lässt man kochen. 4 Esslöffel Zucker. 50 g kleingehackte
Mandeln. 1 Paket Vanille-Zucker. Hat alles gekocht, gibt man 12 Blatt
Gelantine (weiße - in kaltem Wasser gewaschen) hinzu. Jetzt zum
Erkalten und Festwerden. Hierzu gibt man Schokoladensoße." |
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1946 ist die Steckrübenzeit. Neben der berühmten Steckrübensuppe gibt es
aber auch dies:
"Geschmorte Steckrüben
Die Steckrüben werden in dünne Scheiben geschnitten. Die Scheiben
werden geschält. Gut gewaschen schneidet man diese in feine Streifen.
Hierüber gießt man kochendes Wasser. Etwa ein Liter Wasser lässt man
kochen. Hierzu gibt man die abgebrühten Steckrüben, ein Lorbeerblatt,
4 grobgeschnittene Zwiebeln, eine Messerspitze feinen Pfeffer. 3
Esslöffel Schmalz gibt man mit 4 Esslöffel Mehl in einen Topf. Von der
Brühe hinzu, in der die Steckrüben gekocht sind, und 2 Esslöffel
Zucker. Hierzu die Steckrüben, lässt dieses eben aufkochen und
schmeckt nach Zucker und Salz ab." |
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Auf dem Lande ist es auch die Zeit der Heringe.
(Siehe "Heringsexpress"). Aber Hering gab es eingelegt in
Salzlake in großen Holzfässern im Dorfladen sowieso immer. Oder
das Fischauto kommt regelmäßig durchs Dorf. Fisch aus der Elbe
wurde ja dann irgendwann ungenießbar. Aber ansonsten gehörte
Fisch aus den vielen Binnengewässern dieser nassen Gegend zum
traditionellen Speiseplan. |
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"Heringssalat
4 Salzheringe legt man über Nacht in kaltes Wasser. Diese
abgezogen und entgrätet und dreiviertel Pfund Kalb- oder mageres
Schweinefleisch. Dieses gebraten oder gekocht. Zwei Zwiebeln, 6 Gurken,
2 Äpfel, 1 gekochten Sellerie, 4 gekochte rote Beete.
(Sellerie und rote Beete werden zusammen mit der Schale gar gekocht.)" |
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Das folgende Rezept kann ich sehr empfehlen. Ich
muss allerdings dazu sagen, das es mir bei einigen Versuchen
nicht gelungen ist, die Bohnen so perfekt einzeln zu panieren,
wie es die Köchinnen damals machten. Vielleicht gibt es nicht
mehr solchen Speck oder solches Weißbrot? Und die Bohnen sind
auch nicht mehr wie früher. Allerdings bin ich auch kein
geschickter Koch. |
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"Gebratene Bohnen
Hierzu nimmt man Brechbohnen. Diese kocht man in Salzwasser gar. Das
Wasser lässt man überm Durchschlag ablaufen. Den in Würfel
geschnittenen Speck gibt man in eine Pfanne. Ist dieser hellgelb, gibt
man hierüber die Bohnen. Über die Bohnen streut man 6 Handvoll fein
geriebenes Weißbrot. Lässt man dieses gut 10 Minuten braten. Schmeckt
die Bohnen nach Salz ab, streut ein Teelöffel obenüber." |
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Man muss berücksichtigen, dass Speck damals noch wirklich Speck war.
Schweine wurden "fett gefüttert".
Nach der Steckrübenzeit kamen die fetten Jahre. Und dann wurde alles mit viel Fett und Butter
und Sahne
angerichtet. Die Männer sollten
tüchtig arbeiten, also mussten sie auch tüchtig essen. Fett gibt
Kraft und Unmengen von Zucker gibt Energie.
Es hat jedenfalls immer wunderbar geschmeckt. |
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Wie schon beim
Schlachten gesagt, gehören zu der
dort beschriebenen "Kost" unbedingt die Zuckergurken, nicht zu
verwechseln mit Senfgurken oder süß-sauer eingelegten Gurken.
Städter sollten jetzt nicht die heute üblichen Schlangengurken
vor Augen haben. Es geht hier um kurze dicke Sorten, die man
lange im Garten ausreifen ließ. Im Rezept ist zwar von grüner
Farbe die Rede, ich erinnere mich aber, dass sie erst im späten
gelben Stadium geerntet und verarbeitet wurden. |
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"Zuckergurken
Man schält große Gurken, teilt in Viertel, entfernt die Kerne mit
Löffel und schneidet schräge, nicht zu dünne Stücke. Man kocht die
Stücke sofort in gutem Essig mürbe und schüttet sie auf ein Sieb zum
Abtropfen. (Nicht zu weich kochen.) Am Nächsten Tag nimmt man für 2
1/2 kg gekochte Gurken 1 kg Zucker und klärt ihn in 1/3 Essig
und 2/3 Wasser. (1/4 Liter Mischung auf 1/2 kg.) Danach gibt man die
Gurken hinein und lässt sie 20 Minuten kochen. Dann nimmt man sie
heraus und lässt den Saft noch 1/2 Stunde einkochen. In dem dick
gekochten Saft kocht man die Gurken noch einmal kurz auf. Tut man ein
Stück Alaun dazu, bleibt die Farbe schön grün." |
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Die Zuckergurken werden in Gläsern eingeweckt.
(Das Wort "einwecken" kommt wohl von Weck-Gläser. Und das ist
eigentlich nur der Hersteller-Markenname.) |
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Die Abschlussfeier der Kochschule in Clenze
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Eine humorvolle "Zeitung" zum Abschluss 1946 ist , wenn auch etwas
lädiert, erhalten geblieben, obwohl sie wegen Papiermangel auf sehr
dünnes und durchsichtiges Papier getippt werden musste. Äußerst
Platz sparend wurden beide Seiten eng voll beschrieben. So passte ein
langer Vortrag in Versform und 17 lustige "Kleinanzeigen " auf ein
Blatt Papier. (Wegen der Durchsichtigkeit schwer zu lesen.) |
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Die meisten der etwas holprigen Verse sind
Anspielungen auf Situationskomik und für uns nicht mehr
nachvollziehbar. Ein paar Zeilen will ich aber anführen, weil
sie die spartanischen Umstände und die dennoch herrschende gute
Laune erahnen lassen: |
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"Zu Clenze auf der Mühle, da ist doch wohl was
los.
Dort lernen 16 Mädel das Kochen ganz groß.
Als wir hier angekommen konnte der Empfang besser nicht sein.
Am Abend war schon Tanzen. Wir schwangen gleich das Bein.
So ging das dann zwei und mehr mal die Woche,
trotzdem kriegten wir vom Tanzen nicht genug.
Viel Kummer machte uns das Wasserschleppen.
Wir riefen dann nach Erich.
Doch seine Hilfe war beschwerlich.
Er wollte uns in die Wanne stecken.
Bei der Pumperei gab es mal ein großes Geschrei und eine tolle
Keilerei.
Alle wollten sich nun reinigen. Den Seifenkummer wusste Frieda Schulz
durch ihre Spende zu beseitigen. Denn uns fehlte sie schier.
Auch das Wasser reichte nur für vier.
....
Diejenigen Herren, die das Bedürfnis haben, eine Ohrfeige
beziehungsweise einen Korb zu bekommen, wenden sich ohne Zögern an
Lydia Grebien.
Wo lagert noch Sprit? Herr Schulze." |
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Bevor wir Lydias Erinnerungen weiter verfolgen,
können wir an dieser Stelle einen Blick auf das nicht weit
entfernte Beutow werfen. Intensive Geschäftskontakte zwischen
dem Laden von Grebiens in Grabow und
dem Mühlenhof Winterhoff in Beutow (die Bäckerei liefert
die Backwaren) führen auch zu ganz privaten Beziehungen. Wir
betrachten auf der nächsten Seite einen größeren Zeitraum. Aber
in der Hauptsache geht es um 1945-1949
in der Beutower Mühle.
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(Seite erstellt 2006) |