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Die Überseefunkempfangsstelle Lüchow-Woltersdorf (Üfest)
Fotos von
Carola McRae
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Woltersdorf
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In den 30er Jahren wurde die Übersee-Funkempfangsstelle "Üfest" oder
auch "UeFuESt" für zivile Zwecke geplant. Im weltweiten Netz der
Funkverbindungen für Telegraphie und Sprechfunkübermittlung sollte die
Üfest in Woltersdorf der Knotenpunkt für Norddeutschland sein. Bei
Inbetriebnahme führte Deutschland schon mit den meisten der
angepeilten Städte und |
Hauptgebäude - 1951 |
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Länder Krieg und der Funkverkehr stand unter vollständiger
militärischer Kontrolle. Folglich unterlag die Gesamtanlage der Geheimhaltung und war für
die Bevölkerung tabu.
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Obwohl die Anlage nach dem Krieg von der Bundespost für rein zivile und hochinteressante
Zwecke genutzt wurde, erschien sie doch vielen weiterhin geheim. Es sei
denn, man hatte direkt damit zu tun oder kannte die dort
Beschäftigten. Dazu gehört Carola McRae.
Sie erzählt: |
Üfest-Gebäude mit dem gelben Postbus. |
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"Mein Vater, Harald Weinert, hat auf der Uefest gearbeitet.
Hannelore Schott (Nachbarin) und ich haben dort auf zwei zusammengeschlossenen
Fernschreibern Schreibmaschine gelernt und meine Mutter und ich sind
oft mit dem Postbulli (regelmäßiger Taxidienst von und nach Lüchow)
rausgefahren, um meinen Vater abzuholen. Ich kann mich deshalb nicht
von den Fotos trennen, weil sie die Orte meiner Kindheit zeigen."
Üfest-Kontrolltisch - 1959 |
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Betriebsfeier - 1951 |
Antennenwahlschalter - 1959 |
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Zunächst war die Üfest einer der größten Arbeitgeber im
Lüchower Raum. Zwischen 1950 und 1953 gab es hier 250 Arbeitsplätze. Dann
wurde die Betriebszentrale nach Hamburg verlegt und die
Belegschaft schrumpfte auf etwa 90 feste Mitarbeiter.
Der eigentliche Funkbetrieb wurde aber noch erweitert. Im Jahr
1967 bestand die Anlage aus 44 unterschiedlichen Antennen auf
Beton- und Stahlgittermasten verteilt über eine Fläche von 600
ha. |
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Wache - 1952 |
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"Für den Leiter der Üfest gab es dort direkt eine
Wohnung. In der zweiten Hälfte der 60er Jahre wohnte dort Familie
Burdack, deren Tochter ich dann auch kannte.
Im großen Empfängersaal haben Hannelore und ich die
Länder der Erde und ihre Hauptstädte auswendig gelernt.
Die Antennen haben dank des sumpfigen Untergrundes die Funksprüche
gut empfangen können und dann ging's per Kabel weiter nach Hamburg. (Wenn
ich richtig informiert bin.)
Mein Vater war in der
Verstärkerstelle.
Ich hab auch mal bei einer NDR Übertragung im
Ü-Wagen gesessen, da musste ich ganz still sein und durfte gerade
noch atmen.
Wir sind auch viel um die Üfest gewandert zum Beispiel auch zudem
sagenumwobenen "Brautstein"
(www.brautstein.de). |
Antennenlageplan - 1953.
Insgesamt 24 feste Funklinien
sicherten den Kontakt nach Madrid, Ankara, Bangkok, Bagdad,
Kairo, Kalkutta, Bombay, Sydney, Tokio, Buenos Aires, Lima, Manila, Osaka Seoul,
Chicago, Los Angeles, Moskau, Stockholm, Rom. |
Bei Radtouren durch die Lucie sind wir dann
immer an der Üfest rausgekommen. Über die Post bekamen wir auch Brennholz, das wohl von der teilweise
bewaldeten Fläche der Üfest stammte. Und - meist erst am Heiligabend -
wurde uns ein Weihnachtsbaum vom Bauwagen der Post geliefert. |
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Eines Nachts kam
plötzlich ein Jeep mit Englisch sprechenden Soldaten und holte meinen
Vater ab. Die Verständigung ging eher schlecht als recht. Der Schreck
in der Familie war jedenfalls groß!
Vermutlich gab es irgendwo einen technischen Fehler in einer Leitung.
Am nächsten Tag, so am frühen Nachmittag, kam wieder ein Jeep. Einer
der Soldaten sprang raus, klingelte, überreichte meiner Mutter einen
Riesenkarton voller Pilze und sagte irgendetwas wie eine
Entschuldigung für die Ereignisse in der Nacht, und war schon wieder
verschwunden, |
Verstärker - 1959 |
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ehe meine verdutzte
Mutter überhaupt "Danke" sagen konnte.
Was macht man nun mit so vielen Pilzen? Glücklicherweise kannte
sich unsere Nachbarin sehr gut mit Pilzen aus. Die Nachbarn haben uns
dann auch geholfen, diesen unverhofften Segen zu verarbeiten und zu
essen." |
Empfängersaal - 1953 |
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Empfangsplätze - 1953 |
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Empfangsplatz - 1953 |
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Sendeplatz
1953
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Etwa ab Mitte der 70er Jahre wurde der Kurzwellenfunk nach und
nach durch Satelliten verdrängt bzw. ersetzt. 1975 sicherten noch neun feste Funklinien den weltweiten Telegrafie- und
Sprechfunkverkehr nach Übersee. Hartnäckig setzte sich jedoch die
Kommunikation via Satellit durch und bescherte der Üfest einen langsamen aber
stetigen Abbau an Personal und Aufgaben. Im Jahr 1979 (große
Gorleben-Demos) einigten sich das Bundespost- und
das Bundesinnenministerium über eine teilweise Nutzung des Areals durch das Land Niedersachsen für die Unterbringung von Polizeikräften.
Nach Umbaumaßnahmen bezogen im Frühjahr 1979 Polizeikräfte einige
Räume der Üfest.
Später wurden im Außenbereich Baracken/Container errichtet.
Sie dienten als Unterkunft für die Polizeikräfte bei der jährlichen
November-Großveranstaltung,
bis die Container im Sommer 2005 durch nicht geklärte Verursachung nieder brannten.
Mehr Informationen über die Üfest und besonders über die Technik
des Funkverkehrs finden Sie auf den Internetseiten von Ernst
Bornemann:
www.uefuest.de
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Woltersdorf
(Seite erstellt 2006)
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